Dienstag, 6. November 2012

kl.12: zur relevanz von bildern


Die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit geht der Sprachentwicklung voraus. Sofern die Aufmerksamkeit für ein Bild erlangt worden ist, werden bekannte Figuren und Muster wahrgenommen und interpretiert, die dann in den individuellen Erfahrungshorizont des Einzelnen überführt werden. Die Aufmerksamkeit richtet sich in der Regel stärker auf die emotional ansprechenderen visuellen Signale, so dass das gesprochene Wort einen geringeren Stellenwert bei der Wahrnehmung der Informationen erhält. 
Überspitzt formuliert es der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Winfried Schulz: „Während  die Wortnachricht erst durch den „Verdauungstrakt“ der kognitiven Informationsverarbeitung gehen muß, nehmen wir Bildnachrichten gleich intravenös auf.“
Die Überzeugungskraft liegt in erheblichem Maße schon im Einsatz der Bilder selbst. Das Bild genießt Priorität bei der Selektion von Reizen. Durch die affektive Wirkung des Bildes fällt den Rezipienten die Distanz zu ihnen schwer. Es wird den Zuschauern die Illusion vermittelt, dass sie sich durch die visuelle Präsentation als Augenzeugen selbst ein Bild machen können, quasi selbst in das Geschehen involviert sind.
Jeder Kulturkreis besitzt ein Repertoire an Bildern und Symbolen, um die Welt darzustellen und wahrzunehmen. Die Rezipienten versuchen mit der Hilfe visueller Darstellungen, einen Erfahrungshorizont aufzubauen, der ihnen Orientierung ermöglicht. 
Bilder werden demzufolge entschlüsselt, verglichen und eingeordnet. Die Logik der Texte unterscheidet sich von der Logik der Bilder, da die Textlogik argumentativ und die Bildlogik assoziativ verläuft.


Bilder des Politischen

Politiker wissen sehr genau um ihre Wirkungsmacht und versuchen Schlagbilder als fokussierte Dokumente ihres erfolgreichen Tuns zu inszenieren. Dabei kommen sie der Bildästhetik und den Sehgewohnheiten der Rezipienten entgegen.
Der Kunstwissenschaftler Bazon Brock differenziert in seinem Aufsatz „Fotographische Bildererzeugung zwischen Inszenierung und Objektivation“ zwischen einer objektivierenden Realität, die eine außerhalb des fotografischen Mediums vorhandene Realität durch Fotografie transportiert und einer inszenierten Realität, die die Bildwirklichkeit erst konstituiert. Dies entspricht im übrigen auch der Diskrepanz zwischen natürlichen Ereignissen (z.B. Umweltkatastrophen), die auch ohne den Kameraeinsatz stattgefunden hätten und Pseudoereignissen (z.B. Pressekonferenzen), die nur für die Medienberichterstattung arrangiert worden sind.
Es ist weiterhin zu unterscheiden zwischen gestellten Szenen, die fotografiert werden und einer nachträglichen Bearbeitung von Fotomotiven, auf die im Folgenden Bezug genommen wird. Diese Manipulation von Bildern erfordert einen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand am Bildmaterial.

Betrachtung von Bildmanipulation

Bilder bieten kein authentisches Abbild der Welt. Schon die Auswahl des Motivs, die Bildgestaltung und der gewählte Bildausschnitt hängen von den jeweils subjektiven Präferenzen, Interessen und Sachzwängen des Fotografen ab. Ein Bildausschnitt wird aus einem breiten Zusammenhang gerissen. Die Perspektive der Aufnahme, der Blickwinkel und der Zeitpunkt spielen eine wichtige Rolle. Auch die Dreidimensionalität des realen Gegenstandes kann durch die Fotoaufnahme nicht abgebildet werden. 
Gleichwohl kann ggf. von einer Ähnlichkeit zwischen dem Bild und dem abgebildeten Objekt gesprochen werden. Die Fotoaufnahme verweist auf ein Referenzobjekt, das eine spezifische Bedeutung besitzt. Daran anknüpfend konstatiert der Kunstgeschichtler Gottfried Boehm: „Das Bild besitzt seine Kraft in einer Verähnlichung, es erzeugt eine Gleichheit mit dem Dargestellten. [...] Das Bild und sein Inhalt verschmelzen bis zur Ununterscheidbarkeit.“
Im Fall sogenannter realistischer Bilder kann es also einen unmittelbaren Wirklichkeitsbezug geben, der das Aussehen des Gegenstandes in einer ähnlichen Form einfängt. Der Fotograf Henri Cartier-Bresson weist in seinem Aufsatz „Der entscheidende Augenblick“ aus dem Jahr 1952 darauf hin, dass im Vergleich „zu allen erdenklichen Ausdrucksmitteln [...] allein die Fotografie einen bestimmten Augenblick“ fixiert. Gleichwohl wird das Bild Bresson zufolge vom Fotografen komponiert.
Durch die Dominanz der Bilder geht Anders zufolge für die Rezipienten die Fähigkeit verloren, zwischen Realität und Schein zu differenzieren. Die Bebilderung des Lebens sei eine Technik des Illusionismus. Es entstehe eine Welt aus zweiter Hand. Anders diagnostizierte bereits vor 50 Jahren eine Bildersucht, die er als „Ikonomanie“ bezeichnet, da die Menschen einem „Dauerregen“ von Bildern ausgesetzt seien. So argumentieren Vertreter der medienkritischen „Überflutungsthese“, auf die der Kunsthistoriker Wolfgang Kemp hinweist, wie folgt:
„Unsere Gedächtnisfunktion, unsere Urteilskraft, unsere Phantasie und unsere Sensibilität – all die psychischen Instanzen, die einen freien und schöpferischen Umgang mit Realitätsangeboten erlauben, würden durch die „Bilderflut“ blockiert, ein bloß konsumierendes Verhalten sei sie Folge.“
Neben dieser Fundamentalkritik an den Bilderflut im Allgemeinen, steht auch die Bildmanipulation im Zentrum der Kritik. Doch was ist eigentlich unter einer Bildmanipulation zu verstehen? Unter einer Manipulation wird dem Journalisten Frank Miener zufolge eine Form der Beeinflussung subsumiert, bei der der Beeinflussende andere Personen zu seinem eigenen Vorteil manipuliert und Einflussmethoden wählt, die für andere nicht durchschaubar sind
•         Löschen bzw. Einfügen von Bildelementen,
•         Die strategische Wahl des Aufnahmestandpunktes,
•         „Optimierung“ durch Helligkeit, Schärfe, Kontrast,
•         Fotoverwendung aus anderen Kontexten
•         Falsche Beschriftung
•         Ästhetisierung
•         Fotokombinationen
•         Fotomontage,
•         Gestelle Aufnahmen
•         Retusche
•                    Digitale Bearbeitung

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